Grobe Fahrlässigkeit bei Stromunfall

Zu den Urteilen des Landgerichts Karlsruhe vom 26.05.2020, AZ 4 O 49/19 und Urteil des OLG Karlsruhe vom 08.12.2021, AZ 7 U 87/20:

Mehrere Versicherte erlitten auf einem Betriebsgelände als Hilfsarbeiter dadurch schwere Arbeitsunfälle, dass sie angewiesen wurden, eine Mittelspannungsleitung durchzusägen. Wie sich beim Durchsägeversuch herausstellte, lagen noch 20.000 Volt Strom auf dieser Leitung.

Die zuständige Berufsgenossenschaft bzw. ein zuständiger Rentenversicherungsträger nahmen daraufhin diverse Beteiligte gemäß §§ 110, 111 SGB VII in Regress.

Als Ergebnis des zweitinstanzlichen Verfahrens zum Haftungsgrund ergibt sich eine Haftung des Geschäftsführers der Arbeitgeberin der beiden Verletzten gemäß § 110 SGB VII und der Arbeitgeberin (juristische Person) selbst gemäß § 111 SGB VII. Zu Recht verweisen beide Gerichte auf die tödlichen Gefahren durch eine 20.000 Volt stromführende Leitung.

Obwohl man sicherlich anhand der konkreten Einzelfallumstände zu dem Ergebnis hätte gelangen können, dass die Beklagten überhaupt keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben, sind die genannten Gerichte dieser Frage nicht nachgegangen. Stattdessen haben sie überzeugend dargestellt, weshalb jedenfalls eine derartige Außerachtlassung der Leben schützenden Arbeitssicherheitsbestimmungen vorlag, dass ein Regress gemäß den §§ 110, 111 SGB VII eindeutig gerechtfertigt war.

Ebenso wie bereits das Oberlandesgericht Dresden in seinem Urteil vom 29.09.2011, Az. 8 U 374/11, hat das OLG Karlsruhe angesichts der hohen durch Strom ausgehenden Gefahren ein Zeichen gesetzt, dass diesen tödlichen Gefahren durch die für die Arbeitssicherheit von Beschäftigten Verantwortlichen unbedingt begegnet werden muss – andererseits nehmen die Sozialversicherungsträger erfolgreich gemäß den §§ 110, 111 SGB VII Regress.

Das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 26.05.2020, AZ: 4 O 49/19 finden Sie hier, das Urteil des OLG Karlsruhe vom 08.12.2021, AZ 7 U 87/20 finden Sie hier.