D-Arzt-Haftung und Amtshaftung: Verteidigung gesetzlicher Unfallversicherungsträger
Die ‚D-Arzt-Haftung‘ des Unfallversicherungsträgers ist seit der BGH-Rechtsprechung von 2016 Gegenstand zahlreicher haftungsrechtlicher Streitigkeiten.
Ausgangspunkt: Die BGH-Rechtsprechung zur D-Arzt-Haftung
Mit zwei Grundsatzurteilen aus dem Jahr 2016 (VI ZR 208/15 und VI ZR 395/15) hat der Bundesgerichtshof die Passivlegitimation gesetzlicher Unfallversicherungsträger für Behandlungsfehler in der Heilbehandlung nach einem Arbeitsunfall neu justiert. Seither können Unfallversicherungsträger unter bestimmten Voraussetzungen für Fehler des sogenannten „Durchgangsarztes“ auf dem Weg der Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) in Anspruch genommen werden.
Die dadurch ausgelöste Erweiterung der Haftungsrisiken hat zu einer erheblichen Zunahme entsprechender Klagen geführt. Immer häufiger werden Berufsgenossenschaften und Unfallkassen durch Versicherte auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld verklagt – mit teils komplexen Abgrenzungsfragen zwischen hoheitlicher und privatrechtlicher Behandlungssphäre.
Hoheitliches oder privatrechtliches Handeln Behandlungsvertrag?
Die zentrale juristische Frage in diesen Verfahren lautet regelmäßig: Handelte der Durchgangsarzt bei der streitgegenständlichen Maßnahme als „verlängerter Arm“ des Unfallversicherungsträgers (also hoheitlich) – oder im Rahmen seiner eigenen privatrechtlichen Haftungssphäre?
Nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung ist die hoheitliche Tätigkeit auf die sogenannte Erstversorgung beschränkt. Diese umfasst insbesondere:
- die Anamnese und körperliche Untersuchung,
- die Diagnose,
- die Entscheidung über die Art der Heilbehandlung (allgemein / besondere),
- und letztendlich auch erste, unaufschiebbare Versorgungsmaßnahmen (z. B. Anlage einer Schiene).
Sobald diese Erstversorgung abgeschlossen ist, geht die Behandlung in den privatrechtlichen Bereich über. Behandlungsfehler im weiteren Verlauf begründen – außer in den äußerst seltenen Fällen einer sogenannten „reinen“ Nachschau – in diesen Fällen keine Haftung des Unfallversicherungsträgers, sondern allein des behandelnden Arztes bzw. des Krankenhausträgers.
Diese Differenzierung ist juristisch anspruchsvoll – und wird in derPraxis, leider, häufig übersehen oder verkürzt dargestellt.
Unsere Spezialisierung: Verteidigung in Verfahren zur D-Arzt-Haftung
Unsere Kanzlei berät und vertritt seit vielen Jahren gesetzliche Unfallversicherungsträger im gesamten Bundesgebiet in Verfahren, in denen eine Amtshaftung wegen angeblicher Behandlungsfehler eines Durchgangsarztes geltend gemacht wird. Wir haben eine Vielzahl von Prozessen bundesweit begleitet – sowohl vor Land- als auch Oberlandesgerichten – und verfügen über eine entsprechend tiefe Spezialisierung in diesem Schnittfeld von Sozialversicherungs-, Arzthaftungs- und Staatshaftungsrecht.
Dabei stehen folgende Schwerpunkte im Vordergrund:
1. Abwehr unberechtigter Amtshaftungsklagen
Wir prüfen und verteidigen die rechtliche Verantwortlichkeit des Unfallversicherungsträgers im jeweiligen Einzelfall. In vielen Fällen stellt sich heraus, dass die streitgegenständliche Maßnahme nicht mehr zur hoheitlichen Erstversorgung zählte – etwa bei Verlaufskontrollen oder späteren operativen Eingriffen. In solchen Fällen besteht bereits keine Passivlegitimation des Versicherungsträgers.
Selbst in den Fällen, in denen eine hoheitliche Tätigkeit nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, zeigt sich bei näherer Prüfung häufig, dass ein haftungsrelevanter Behandlungsfehler medizinisch gar nicht vorliegt. Denn die Anforderungen an eine haftungsbegründende Pflichtverletzung sind hoch – insbesondere bei Diagnoseentscheidungen oder Therapieempfehlungen im Rahmen unfallchirurgischer Erstbehandlungen.
Wir verfügen über langjährige Erfahrung sowohl im materiell-rechtlichen Haftungsrecht als auch im Umgang mit komplexen medizinischen Fragestellungen. Gerade in medizinisch-technisch anspruchsvollen Verfahren ist es entscheidend, mit Sachverständigen auf Augenhöhe argumentieren zu können – und die Beweisfragen frühzeitig zu strukturieren.
Zudem bringen wir unsere juristische Expertise in die gerichtliche Auseinandersetzung ein: Viele Patientenanwälte und Gerichte sind mit der spezifischen Rechtslage nicht vertraut. In diesen Fällen übernehmen wir die erforderliche Detailarbeit in der Subsumtion und schaffen die nötige Klarheit, etwa durch:
- rechtliche Einordnung der ärztlichen Maßnahme,
- Abgrenzung zum Privatrechtsverhältnis,
- Verweis auf aktuelleste Rechtssprechung,
- sowie Herausarbeitung der Beweislastverteilung.
2. Regress im Verhältnis zum Durchgangsarzt oder Klinik
Bereits im laufenden Abwehrprozess behalten wir mögliche Regressansprüche im Blick – sei es im Verhältnis zum Durchgangsarzt (Innenregress) oder im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 116 SGB X. Wo sich Anhaltspunkte für ein Regresspotenzial ergeben, leiten wir frühzeitig sichernde Maßnahmen ein, etwa:
- die Einholung verjährungshemmender Erklärungen,
- die Einbeziehung der Haftpflichtversicherung des Arztes,
- und die vorsorgliche Streitverkündung.
Hierbei kommt es auf eine sorgfältige rechtliche Bewertung und Dokumentation an: Wer trägt welche Verantwortung? Wie ist das interne Weisungsverhältnis ausgestaltet? Wurden fachärztliche Standards eingehalten? Auch in diesen Fragen begleiten wir unsere Mandanten fundiert – mit einem geschärften Blick für die rechtlichen, medizinischen und sozialversicherungsrechtlichen Schnittstellen.
Rechtsfortbildung durch strategisch geführte Verfahren
Unsere Kanzlei hat sich in den vergangenen Jahren auch durch die strategische Führung von zahlreichen Verfahren auf diesem Gebiet einen Namen gemacht. In mehreren Entscheidungen obergerichtlicher Instanzen wurden auf unsere Argumentation hin wichtige Klarstellungen zur Reichweite der Amtshaftung getroffen. Dies betrifft insbesondere:
- die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Tätigkeit,
- die Beurteilung von Verlaufskontrollen / Nachschauen,
- sowie die Frage der Verantwortlichkeit für einzelne Vorwürfe
Wir sehen es als unseren Anspruch, nicht nur im Einzelfall zu helfen, sondern auch zur weiteren Klärung der Rechtslage im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherungsträger beizutragen.
Unser Angebot: Spezialisierte Prozessführung und Beratung
Wir verstehen uns als prozessuale und strategische Partner der gesetzlichen Unfallversicherungsträger – nicht nur in streitigen Amtshaftungssachen, sondern auch im Vorfeld gerichtlicher Auseinandersetzungen, etwa bei der Prüfung von Regressmöglichkeiten, der Vorbereitung auf flankierende Verfahren, und der Sicherung etwaiger Regressansprüche.
Fazit
Die sogenannte „D-Arzt-Haftung“ ist ein rechtlich wie tatsächlich komplexes Thema. Die sich entwickelnde Rechtsprechung und die besondere prozessuale Situation der gesetzlichen Unfallversicherungsträger machen es erforderlich, mit hoher Expertise und klarer Linie zu verteidigen.
Wenn Sie als Unfallversicherungsträger mit einem Amtshaftungsanspruch konfrontiert sind oder sich präventiv beraten lassen möchten, stehen wir Ihnen mit unserer Erfahrung und Spezialisierung zur Seite. Profitieren Sie von unserer Expertise und kontaktieren Sie uns.
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