Grob fahrlässige Unfallverursachung innerhalb eines Sicherheitskäfigs

Wer einen Kollegen in einen „Sicherheitskäfig“, in welchem sich eine hydraulische Palettierungsmaschine befindet, sperrt und so die Sicherheitsabschaltung umgeht, handelt grob fahrlässig im Sinne des § 110 SGB VII, wenn der Kollege dann von beweglichen Maschinenteilen erfasst wird.

Der später Geschädigte und Versicherte unserer Mandantin war zum Unfallzeitpunkt als Produktionsmitarbeiter bei einem Mitgliedsunternehmen unserer Mandantin, beschäftigt. Das Unternehmen stellte unter anderem Bitumenbahnen zur Dachabdeckung her. Im Unternehmen gab es eine sogenannten Aufstellanlage für diese Bitumenbahnen, welche die aufgerollten Bahnen vollautomatisch palettiert und konfektioniert werden. Die Rollen landen hierbei auf einem hydraulisch betriebenen, automatischen Kipptisch, welcher automatisch nach oben fährt, wodurch die Rollen auf einer Palette aufgestellt werden.

Der beschriebene Bereich war von einem ca. 12 m2 großen .Sicherheitskäfig umgeben, in welchem sich an drei Seiten verschlossene Türen befinden. Die Türen können nur mit einem besonderen Schlüssel geöffnet werden. Aus Sicherheitsgründen ist die Maschine so konzipiert, dass sie, sollte eine Tür geöffnet werden, automatisch zum Stillstand kommt. Die Maschine kann erst wieder neu gestartet werden, wenn die Tür geschlossen wird und der Schlüssel an der – sich außen unmittelbar neben der Tür befindlichen – Schaltanlage gedreht wird. Durch diesen doppelten Sicherheitsmechanismus soll verhindert werden, dass die Maschine wieder angefahren wird, solange sich noch jemand im Käfig befindet.

Am Unfalltag beauftragte der Schichtleiter und spätere Beklagte den später Geschädigten mit Arbeiten an der Anlage innerhalb des Sicherheitskäfigs. Dieser begab sich daraufhin in den beschriebenen Sicherheitskäfig. Als der Geschädigte im Käfig war, schloss der spätere Beklagte die Tür und drehte den Schlüssel. Dann bewegte er sich zum ca. 15 Meter entfernten Schaltpult und schaltete die Maschine wieder an. Infolgedessen lief die Maschine wieder an und es bewegte sich der oben beschriebene Kipptisch auf den Geschädigten zu, dem es nicht mehr gelang, sich zu befreien bzw. auszuweichen. Infolgedessen geriet der Kopf des Geschädigten zwischen den Kipptisch und die Palette und der Geschädigte wurde hierdurch im Bereich des Kopfes erheblich verletzt.

Nach einer umfangreichen Zeugeneinvernahme, in welcher Funktionsweise der Maschine und der zeitliche Ablauf soweit wie möglich rekonstruiert wurden, bestätigte das LG Itzehoe in einem Grund- und Teilurteil unsere Auffassung, dass der Beklagte den Unfall des Geschädigten grob fahrlässig im Sinne des § 110 SGB VII verursacht hat.

Unter ausführlicher Darstellung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 110 SGB VII führte das LG Itzehoe aus, dass der Unfall vom Beklagten grob fahrlässig verursacht wurde.

Das Grund- und Teilurteil des LG Itzehoe vom 28.11.2023, Az.: 3 O 159/22, finden Sie hier.